Siebdruck war die Technik der Frühlingspost 2023. Eine künstlerische Drucktechnik, die sich sehr gut eignet, um in Serie zu gehen. Mein großes Siebdruck-Sieb habe ich vor vielen Jahren geschenkt bekommen. Es ist etwas größer als meine Küchentücher (»Küchentücher« waren Teil des Postkunst-Konzepts). Die Tücher waren ursprünglich Naturweiß, ich färbte sie Lila. Mein Plan, mit einer speziellen Paste zu arbeiten, stand von Anfang an. Ich war sehr gespannt, wie sich der zeichnerische Duktus der Tadieschen im Siebdruck erhalten lassen würde.

Außer weißer Siebdruckfarbe und die Chemie für das Sieb fand ich alles in meinem Fundus. Das Lila für das Tadieschen nahm ich direkt aus der Dose, was Seltenheitswert hat. Lila ist in den Farbsystemen als schöne und fertige Farbe eher selten vorhanden. Dazu mischte ich einen sanften Morgentau. Für die Blättchen und für die Kontur der Zeichnung, wählte ich ein Petrol. Petrol war eine Vorgabe der Frühlingspost. Meine Farbwelt für mein Tuch nach Gusto, fand ich im Skizzenbuch:

Motiventwicklung: Vom Skizzenbuch auf das Vollformat

Meine Tadieschen hatte ich im Skizzenbuch von allen Seiten erforscht und der Entwurf stand. Ich zeichne selten mit Bleistift vor, doch hier war es sehr praktisch, um Feinheiten zwischen Illustration und kalligrafischer Handschrift zu justieren. Mit einem satten Duktus zeichnete ich schließlich mit Tusche und Pinsel die Reinzeichnung.

Dabei hatte ich im Hinterkopf, wie die verschiedenen Ebenen, die sich durch das einzelne Drucken der Farben ergeben sollten, zusammenspielen. Da sich die Kontur mit Illustration und Zeichnung auf einer Druckebene befinden würde, habe ich Schrift und Illustration sich überlappen lassen. Wirkt lebendiger! Ob der Duktus des Pinselstrichs und die Kleckse tatsächlich mit der Technik darstellbar sein würden, wusste ich nicht. Nicht zu wissen, ob etwas, was so richtig viel Vorbereitung und Arbeit macht, nicht klappt oder doch … sorgt für das gewisse Prickeln beim Tun.

Drucken der Ebenen mit Folie

Den Entwurf teilte ich in drei Ebenen. Die unterste Ebene in Lila stellt den Körper des Tadieschens dar. Mit der zweiten Ebene wird die Tasdieschen Frisur im sanften Morgentau gedruckt. Und die abschließende Kontur wird im dritten Durchlauf auf das Tuch gebracht.

Um in Serie drucken zu können, wählte ich eine Folie und kein Papier für die Schablone. Schließlich sollte die Vorlage bis zum Schluss durchhalten. Das großformatige Arbeiten mit Folie ist eine Frickelei. So ähnlich wie Mäusemelken. Die übersichtlichen sechs Tadieschenkörper ließen sich deutlich einfacher kleben, als die länglichen Frisuren. Einige Passagen zerschnitt ich und klebte sie einzeln auf das Sieb. Die Folie war sehr rollig und flutschte eigenwillig durch die Gegend. Zweifel kamen auf. Wird das was?

Ich machte mir Gedanken darüber, dass nach dem Zerschneiden der Folie mein Motiv nicht mehr exakt sitzt. Ein leichtes Blitzen der unterschiedlichen Ebenen, so entschied ich, sind bei diesem Entwurf okay. Erinnert ihr euch noch an die alten Obstkisten in den Supermärkten? Die hatten auch diesen Charme der Ungenauigkeit und ich fand sie damals wunderschön.

Die Qualität des Drucks hat mich sehr beglückt. Satt und glänzend stand die Farbe auf dem Tuch. Auch die leichten Verläufe an den Rändern kamen mir sehr gelegen. Anfangs habe ich aus Vorsicht sehr oft über die Schablonen gerakelt. Mit der Zeit lernte ich, dass das nicht nötig ist.

Passgenauigkeit lässt Grüßen

Für das Positionieren der Motive habe ich für das Drucken mit der Folie keine Passmarken verwendet. Wohl eher, weil ich vorher nicht darüber nachgedacht hatte und mittendrin keine Kapazitäten dafür hatte. Ich hoffte, die Frisuren würden sich schon irgendwie an die Tadieschen Körper schmiegen.

Meine einzige Justierhilfe beim Kleben war das Unterlegen der 1:1 Zeichnung, die erfreulicherweise durch das Sieb schimmerte. Beim Drucken setze ich auf mein Augenmaß und legte den Siebdruck-Rahmen einfach mittig auf das Tuch. Eine Passmarken-Technik entwickelte ich erst später. Dazu gleich mehr.

Für einen kleinen Abstand zwischen Sieb und Tuch sorgte ein an den Rahmen geklebtes Centstück.

So kam das Motiv auf das Sieb: mit Fluid und Filler!

Wie ich detaillierte Motive ohne Belichtung auf ein Sieb bekomme, habe ich mich schon lange gefragt. Bis ich davon erfuhr, dass es ein »Drawing Fluid« gibt, mit dem ich einfach auf das Sieb zeichnen kann. Die Zeichnung wird nach dem Trocknen mit einem »Screen Filler« geflutet. Nach dem Trocknen des Fillers, lässt sich das Fluid wieder auswaschen und die Zeichnung ist »frei«. Das bedeutet, die druckenden Elemente auf dem Sieb, werden nicht durch eine Paste verschlossen. An diesen Stellen kann die Farbe durch das Sieb gerakelt werde und das Motiv wandert 1:1 auf das Küchentuch.

Soweit die Theorie. Ohne die Technik auszuprobieren, machte ich mich ans Werk. Es lief alles perfekt. Dass das nicht immer so ist, weiß ich nun aus den Berichten anderer Teilnehmerinnen.

Unten seht ihr mein Sieb mit Geisterbildern. Alte Motive ließen sich nicht vollständig beseitigen. Sie stören nicht beim Drucken. Ich füllte das Drawing Fluid (blau) in ein Glas und machte mich mit einem geeigneten Pinsel ans Werk. Ich hatte vorher verschiedene Pinsel getestet, um den richtigen Duktus zu treffen. Die Reinzeichnung lag unter dem Sieb. Die Abstandhalter haben verhindert, dass das Fluid an der Papiervorlage kleben bleibt. Das Fluid ließ sich wunderbar verarbeiten. Sogar ein paar Kleckse gelangen.

Nach dem Durchtrocknen des Drawing Fluids habe ich das Sieb mit dem Screen Filler (rot) geflutet. Den Filler habe ich teilweise zu üppig aufgetragen. Das Auftragen war knifflig, daher gibt es keine Fotos. Mit einem Rakel habe ich den Filler über das Sieb verteilt. Da ich keine ungewollt offenen Stellen erzeugen wollte, bin ich einige Male über das Sieb gefahren, um reichlich Filler zu verteilen. Dadurch hat sich der Filler durch das Sieb gedrückt und hat sich an gewissen Stellen sehr verdichtet. Noch etwas mehr und er wäre auf der Rückseite in meine Zeichnung geflossen. Zum Glück ließen sich die paar Tränen, die entstanden, gut wieder abnehmen.

Nachdem der Filler trocken war, wurde das Sieb in der Badewanne gewaschen. Das Fluid ist wasserlöslich und wurde aus dem Sieb gespült. Nun zeigte sich, dass alles gut funktioniert hat. Das Verfahren hat mich sehr überzeugt, kleinste Pinselspuren wurden sichtbar!

Passgenauigkeit dank Schablone und Markierungen

Wie bereits erwähnt, stellte sich beim Machen heraus, dass ich mir ein System für die Passgenauigkeit ausdenken muss. Schließlich sollte die Kontur meines Motives passend auf den bereits gedruckten Körpern liegen. Dadurch, dass ich bisher keine Passmarken verwendet hatte, tanzten die Tadieschen auf jedem Tuch anders. Ich übertrug die Outline meiner original Tadieschen Zeichnungen mit schwarzem Permanent-Marker auf eine große Folie. Die Folie befestigte ich mit Klebeband oben am Tisch.

Vor jedem Druck legte ich das Tuch unter die Folie. Ich schob das Tuch so lange hin und her, bis die schwarze Outline »perfekt« saß. Dann klappte ich die Folie weg, ließ das Tuch genau an der Stelle liegen, setze das Sieb an die Passmarken (die ich direkt auf den Tisch gezeichnet hatte) auf das Tuch und konnte drucken.

Ja, very Homemade, aber es hat gut funktioniert!

Ernte: Der schöne Moment, wenn das Sieb abgehoben wird

Jeder Druck hatte etwas Eigenes und ich bin glücklich, dass es keinen Ausschuss gab. Die Blattfrisuren tanzten mal mehr, mal weniger. Hi und da gab es Rakelspuren. Alles im grünen Bereich. Am Ende hatte ich meinen kleinen Stapel Tadieschen Küchentücher nach Gusto, die in die Briefumschläge verpflanzt wurden. Mein Beibrief entstand aus der flotten Feder. Und ab die Post!

Tadieschen im Siebdruck: Detail mit kalligrafischer Handschrift und Tadieschen.

Hier eine Auswahl der Küchentücher, die bei mir im Briefkasten lagen. Jedes ist anders und es ist eine tolle Serie geworden! Um die Tücher den Künstlerinnen zuordnen zu können, habe ich kleine Etiketten angeheftet.

Am Ende gönnte ich mir noch ein bisschen Spaß. »Tadieschen im Siebdruck« funktioniert nicht nur auf Küchentüchern:

Nicht jede Technik aus unseren Postkunst-Aktionen möchte ich danach unbedingt wiederholen. Diese schon! Das Zeichnen direkt auf das Sieb finde ich sehr überzeugend. Besonders in Kombination mit Shirts in Tabea Design, würde ich am liebsten sofort wieder loslegen.

Liebgruß von Tabea


Inspirative Links:
Konzept der Frühlingspost 2023
Schwarmwissen Siebdruck
Finissage der Frühlingspost 2023

Die Mittelchen, die ich verwendet habe (reine Info, es bestehen keine Kooperationen mit Firmen):
Speedball Drawing Fluid
Speedball Screen Filler
Dekaprint Siebdruckfarbe für Stoff
Mein Rakel

7 Kommentare

  1. Donnerwetter, ist das ein informativer und ausführlicher Bericht! Und so kurzweilig zu lesen, da habe ich mir gleich dein Küchentuch geholt und alles nachvollzogen. Was für eine tolle Arbeit!
    Liebe Grüße
    Christine

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    • Dankeschön liebe Christine! Würde mich freuen, andere probieren diese Technik auch mal aus. Es lohnt sich! Und wow, du kannst gleich am Original vergleichen 🙂 Da waren wir wohl in einer Gruppe. Ich hatte das nicht mehr auf dem Schirm.

      Hab einen feinen Tag . Tabea

  2. Meine Siebdrucktücher der Frühlingspost 2023 liegen noch schön zusammengefaltet im Regal… bin mir noch nicht sicher, ob ich sie als Trockentücher verwenden möchte… sie sind so schön anzusehen… Meine Sohn meinte, als ich einen Fehldruck zu meinen Küchenuntensilien packte: “Die sind ja optisch schön, Mama – aber die trocknen ganz schlecht das Geschirr….. ” Also vielleicht doch etwas daraus nähen?
    Deine Tadieschen liebe ich sehr. Meine kleine Waschküchen-Siebdruckwerkstatt ist bald fertig. Dann möchte ich mir die Siebe auch selbst belichten. Bin schon dabei mir die Rahmen dafür zu bauen und zu beziehen.. Alles Low.Budget sozusagen. Danke für die tolle Frühlingspost 2023 ich hatte großen Spaß dabei.
    Deine Tanja

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    • Liebe Tanja

      Oh wie toll, du richtest dir eine Siebdruckwerkstatt ein! Ich bin gespannt! Zeigst du dann Fotos?

      Ich hatte nie vor, die Tücher in der Küche einzusetzen 🙂 Und wenn ich alle erhaltenen tollen Kunstwerke der Postkunst aufhängen würde, wäre ich ein Museum. Wäre auch schön. Eine Weile hing ein Probedruck der Tadieschen in der Küche. Ich überlege, ob ich mir ein Tuch rahme.

      Und ich überlege, ob ich meine Tadieschen endlich mal vom Sieb wasche und dann etwas neues zeichne. ich hatte die Idee, dass ich einige meiner zerklecksten Pullis bedrucke, um sie wieder einsatzfähig zumachen.

      Liebgruß von Tabea

  3. Wie schön, dass du diese Bilder und den ganzen Vorgang jetzt nochmal in Ruhe zeigst. Ich hatte vor Ewigkeiten auch mal mit diesem Screefiller experimentiert, das war aber nicht so doll.
    Dein Tadieschen-Tuch hängt im Studio an der Tür und wird oft bewundert! Ganz großes Kino!
    Liebe Mittwochsgrüße
    Michaela

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  4. oh, wie schön. Ich hatte mal ein Online Workshop über diese Art von Siebdruck besucht und es gar nicht funktioniert!
    Ich habe aber noch das ganze Material, nach deiner Anleitung und ein bisschen Zeit werde ich es nochmal versuchen. Vielen lieben Dank, bunte Grüße Wiebke

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  5. ich wollte schon längst hier schreiben…
    deine bilder zu betrachten ist ein hochgenuss, eins schöner als das andere. toll, wie genau du den siebdruck beschrieben hast. für mich wäre das wohl nichts, die genauigkeit mit der man beim siebdruck arbeiten muss, wäre mir wohl zu nervig. dein ergebnis, dieses wahnsinnschöne tuch, müsste gerahmt und bloß nicht fürs geschirr benutzt werden.
    liebe grüße von mano

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